Rettung in der Not?

Puh… nach wochenlangem Schweigen im Blog suche ich jetzt nach dem Faden, den ich verloren habe und wieder aufnehmen möchte. Es war ja nicht so, dass ich nichts zu erzählen hätte, ganz im Gegenteil. Kein Tag war wie der andere, immer was Neues und an manchen Tagen schien sich sogar meine Welt ändern zu wollen. Ja und ich bekam sogar einmal eins auf die Zwölf. Ich hätte es kommen sehen müssen, aber naja..ich tat es nicht. Unbeabsichtigt kam der Hieb auf verbalem Weg auf meine Zwölf. Der hatte in mir tagelang sogar einen körperlichen Schmerz erzeugt. Ich könnte darüber jetzt klagen, aber was soll´s .

Die Retterin?

Ich traf vor ein paar Wochen einen alten Bekannten. Wir machten zusammen AIKIDO, danach verloren wir uns für ein paar Jahren aus den Augen. Als ich ihn nach Jahren wieder traf, war er nicht mehr derselbe. Sein Körper war desolat, der Gang schwer und gebückt. Jede Bewegung mühsam und mit viel Zeitaufwand, jedes Wort, das über die Lippen kommen wollte, brauchte seine Zeit. Nach Jahren muss er den Preis, den er für die Glückseligkeit aus der Flasche bekommt, nun zahlen. Ein gemeinsamer Bekannter erzählte mir davon. Ich selbst erlebte ihn aber nie im Rausch. Ich erlebt ihn als Suchenden, der nach einer höheren Spiritualität suchte oder zumindest einer Person, die die höhere Spiritualität schon gefunden hat. Vielleicht sitzt diese Person in einer Höhle im Nirgendwo?

Wir unterhielten uns über alte Zeiten. Es dauerte etwas, bevor sein Redefluss für mich als Zuhörein das Tempo hatte, dass es mir keine Mühe mehr machte, ihn zuzuhören. Er zählte mir von seiner Liebsten, die in der fernen Heimat auf ihn wartet und er zeigte mir das Bild, auf dem er mit seiner Liebsten gemeinsam posierte. Sie wäre seine Jugendliebe und die Liebe ist ungebrochen, auch wenn sie 30 Jahre her ist und das viele Tausend Kilometer voneinander entfernt. Er verwendete das Bild mit seiner Liebsten als Startbildschirm für sein Handy und so war sie zumindest optisch für ihn immer da.

Wir hatten uns schon verabschiedet und jeder ging seine Wege, als mir eine ähnliche Parallele in Erinnerung kam. Es war wie eine Schablone, die ich beim Übereinanderlegen fast deckungsgleich sah. Die Erinnerung liegt schon ein paar Jahre zurück. Ich sah meinen Schwager nach dem Tod meiner Schwester nur noch selten. Auch er liebte den Flaschengeist und dieser liebte ihn, ließ ihn Zeit seines Lebens nicht mehr los. Nach Jahren war auch sein Körper davon gezeichnet. Die Haare weiß wie Schnee, die Körperhaltung desolat und der Redefluss hatte nichts mehr zu bieten, außer alte Kamellen.

Als ich ihn das letzte Mal sah, saß er in seinem Sessel. Er hatte ihn ans Fenster geschoben. Nicht der Fernseher stand im Zentrum seiner Blickrichtung, sondern ein Bild. Auf dem Fensterbrett stand ein Bild von einer Freundin, aus den Jahren vor der Ehe mit meiner Schwester. Und immer wenn er aus dem Fenster sah, sah er auch das Bild an, auf dem seine Jugendliebe abgebildet war. Ich sah ihm an, dass er auf sie wartete. Sie kam nie und er starb eines Tages über Nacht.

Und da sah ich das Gleichnis. Beide Männer waren fest am Flaschengeist verankert und beide gruben ihre Jugendliebe aus und schauten mit sehnsüchtigem Blick darauf. Noch einmal anfangen, ganz von vorn und dann wird alles besser. Für meinen Schwager hat sich diese Hoffnung nicht erfüllt, für meinen Bekannten? Das werde ich vielleicht nie erfahren. Eine Traurigkeit ließen beide Männer bei mir zurück.

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